Frankfurt: Tränenreiches Top12-Finale
Es war der Höhepunkt der Dressurprüfungen des Frankfurter Festhallen-Reitturniers, ja vielleicht sogar in vielerlei Hinsicht ein Moment fürs Leben. Die Rede ist vom Top12-Finale, das erstmals in Frankfurt stattfand. Am Ende stand fest: Premiere geglückt, mehrere Meilensteine erlebt und die Hervorhebung dieser einen besonderen Eigenschaft des Reitsports.
Wie eine zweite Europameisterschaft
Bevor wir uns die sportlichen Ergebnisse des Top12-Finales anschauen, sollte eins erwähnt werden. Ja, ein Erlebnis, das sich über das gesamte Top12-Finale erstreckte, die ganz besondere Faszination des Reitsports. Chefrichterin Katrina Wüst brachte es treffend auf den Punkt: „Im Pferdesport geht es um die Partnerschaft zwischen Pferd und Mensch – und genau das ist heute sichtbar geworden. Wir haben viele besondere Momente erlebt und sind sehr dankbar, dass die Reiter den Dressursport hier in Frankfurt in dieser Form präsentiert haben.“ Wüst setzte mit Blick auf die Top 3 der Prüfung fort: „Die Top 3 waren in der heutigen Kür noch besser als bei den Europameisterschaften.“ Generell habe es sich wie eine zweite Europameisterschaft im Jahr angefühlt, so Katrina Wüst. Und damit hatte sie einmal mehr in mehreren Hinsichten recht.
Unglaublich und großartig
Doch kommen wir zu den Ergebnissen, und einmal mehr konnte man sagen, dass man sich am liebsten nicht für einen Sieger hätte entscheiden wollen. Vielmehr begeisterten sowohl der Belgier Justin Verboomen als auch die Dänin Cathrine Laudrup-Dufour mit feinstem Reiten. Doch schlussendlich sollte das Podest des Top12-Finales genauso wie bei den Europameisterschaften aussehen. Justin Verboomen und sein erst neunjähriger Hengst Zonik Plus (v. Zonik-Hohenstein, Z. Dressage Plus LDA) zogen die Frankfurter Festhalle in ihrer ganz besonderen Art und Weise in ihren Bann. Dabei gelang den beiden eine Runde wie aus einem Fluss, die von Gleichmaß und Harmonie kaum zu übertreffen war. Super gleichmäßige Piaffen und Passagen, taktsichere Piaffpirouetten, kleinste Galopppirouetten, die in puncto Lastaufnahme und Zentriertheit kaum zu übertreffen sind, sowie ein stets bestes Seitenbild führten zu einem neuen Personal Best von 91,1 Prozent. „Ich bin heute sehr zufrieden mit meinem Pferd. Zugleich bin ich mir auch sicher, dass wir uns noch weiterentwickeln können. Ich möchte, dass es sich, vor allem im Galopp, noch leichter anfühlt, als es das jetzt schon tut“, resümierte der Belgier selbstkritisch. Wenn man überhaupt irgendetwas kritisieren wollte, dann ist es hier und da der Durchsprung im (gelassenen) Galopp, besonders in den Serienwechseln. Noch vor wenigen Monaten kannte kaum jemand Justin Verboomen und Zonik Plus. Nun sind die beiden Doppel-Europameister und krönen sich in Frankfurt im Top12-Finale zum Siegerpaar. Entsprechend fiel sein Fazit aus: „Unglaublich und großartig!“
Für immer Zweite
Es mag schon fast gemein klingen, aber Cathrine Laudrup-Dufour musste sich schon wieder mit Platz zwei begnügen. Doch wie schon erwähnt, hätte die Dänin heute mit ihrer 16-jährigen Fidermark-Tochter Mount St. John Freestyle ebenso mehr als verdient – oder wie sie es selbst unter Tränen beschrieb: „Free war heute unglaublich. Es war das erste Mal, dass ich beim Beenden einer Prüfung mit Free Tränen in den Augen hatte. Sie war so sehr bei mir, wir haben alles gemeinsam gemacht und die Prüfung gemeinsam genossen. Genau das ist es, wofür ich jeden Tag trainiere. Es benötigt Jahre, um dieses Gefühl, diese Partnerschaft mit einem Pferd aufzubauen. Wir haben heute einen Meilenstein erreicht. Ich bin so dankbar.“ Im Vergleich zum Grand Prix gelangen die Piaffen und Passagen heute in gewohntem Gleichmaß und beeindruckender Leichtigkeit. Hinzu kamen kleinste Galopppirouetten, feinste Anlehnung und weit kreuzende Trabtraversalen. Auch die Serienwechsel, wo die beiden des Öfteren Fehler kassieren, gelangen fehlerfrei. Schlussendlich mussten sie sich mit 91 Prozent auf Platz zwei einreihen.
Apropos gleiches Podest wie bei der EM: Isabell Werth und Wendy de Fontaine folgten wie schon in Crozet auf Rang drei. Die elfjährige Sezuan-Tochter brillierte erneut mit einer enorm dynamischen und kraftvollen Trabtour, wobei die Piaffen und Passagen in Ausdruck, Gleichmaß und Balance nicht zu übertreffen sind. Teuer wurde es heute leider in der Galopptour, wo die Stute in den Serienwechseln etwas übermotiviert wurde. So klappten sowohl die Einer- als auch die Zweierwechsel nicht fehlerfrei. Das kostete und führte zu einem kleinen Abstand zum Spitzenduo (87,1 Prozent). Und auch bei Isabell Werth flossen so einige Tränen. Die Schlusslinie der Kür hatte die Dressurqueen kurzum abgeändert und ihrem Anfang Oktober verstorbenen Ehemann Wolfgang Urban gewidmet. Hinter diesen drei Top-Paaren folgte Frederic Wandres mit Bluetooth OLD (84,4 Prozent). Auch dieses Duo scheint immer und immer wieder besser zu werden und glänzte zum Jahresabschluss in Frankfurt. Dahinter folgte die bewegungsstarke Maxima Bella unter dem Sattel von Sandra Sysojeva (81,6 Prozent).
Positives Fazit
Man merkt schon: Das Top12-Finale war in mehreren Hinsichten ein besonderes Ereignis, und dementsprechend fiel auch bei den Organisatoren ein äußerst positives Fazit. „Wir wussten, dass Frankfurt der richtige Veranstaltungsort und die richtige Atmosphäre für dieses Finale bieten kann – und Frankfurt hat sich absolut bewährt. Wir hatten wirklich großartigen Sport. Die Stimmung war fantastisch. Jetzt gilt es, das Top12 Dressage Finale hier nachhaltig zu etablieren.“ Als Vorsitzende des International Dressage Riders Club war Werth maßgeblich daran beteiligt, das Finale in die Mainmetropole zu holen. Turnierleiter Matthias Alexander Rath fügte hinzu: „Mit dem Louisdor-Preis-Finale, dem Nürnberger Burg-Pokal-Finale und nun dem Top12 Dressage Finale haben wir drei große Dressurfinals in Frankfurt. Wir sind hoch motiviert, diesen Weg weiterzugehen.“ Dabei sei der Funke durchaus übergesprungen, und das wohl nicht nur beim Organisationsteam. Die ausverkaufte Frankfurter Festhalle feierte am Sonntagmorgen den Dressursport.