von Mona-Sophie Bimmel am Mittwoch, 14.02.2024 um 17:28

„Es darf nichts unter den Teppich gekehrt werden!“

Auch in diesem Jahr kam der baden-württembergische Landeskader der Senioren in den Genuss eines Lehrgangs mit der Bundestrainerin Monica Theodorescu. Diese Chance ließen sich die Mitglieder des Landeskaders natürlich nicht entgehen und so reisten Routiniers, wie beispielsweise Jasmin Schaudt, Ann-Kathrin Lindner, Meike Lang oder auch Katrin Burger zum zweitägigen Lehrgang nach Steinenbronn. Letztere reiste genauso wie Janina Kahl und Anna-Louisa Fuchs mit Nachwuchshoffnungen an, die mit Potenzial überzeugten und die Vorfreude auf die kommende Saison weckten. Auch High Noon von Ines Fleischmann ist hervorzuheben, der sich über den Winter noch einmal weiterentwickelt hat und sich gefestigter zeigte. Egal, ob es sich um einen Routinier oder eine Nachwuchshoffnung handelte, Monica Theodorescu gelang eine gute Kombination aus Abfrage der Durchlässigkeit und dem gewissen Feinschliff an den Grand Prix Lektionen. Das kam gut an und war natürlich sehr effektiv. Wir haben uns mit Monica Theodorescu über das bevorstehende Weltcup-Finale, ihre Ziele im Olympia-Jahr und ihre Meinung zum Fall von Dr. Parra unterhalten.  

Vor den Trainingstagen in Baden-Württemberg haben sie auch den bayerischen Seniorenkader besucht. Wieso sind Ihnen die Trainingsbesuche in den einzelnen Bundesländern wichtig?

Zum einen geht das Interesse von den Landestrainern bzw. den Landesverbänden aus. Mittlerweile ist das in Bayern und Baden-Württemberg schon fast zur Tradition geworden, dass ich hier zu Jahresbeginn vorbeischaue. Mir macht das viel Freude. Es ist interessant zu sehen, welche neuen Pferde gezeigt werden und welche bekannten Paare sich für die Saison empfehlen. Diese Mischung ist sehr interessant. Ich denke, es ist auch eine Motivation für die Reiter, dass man sich um sie kümmert und ich ein ehrliches Interesse daran habe. Die Anlage von Familie Merkt in Steinenbronn ist eine tolle Reitanlage und die Stimmung unter den Lehrgangsteilnehmern ist stets sehr gut.

Wie war Ihr Eindruck von den süddeutschen Reitern?

Natürlich befinden sich alle auf Grand Prix Niveau oder angehend und es wird wirklich gut geritten und asugebildet. Mir macht es viel Freude die Reiter, egal auf welcher Stufe sie sich im Dreisterne-Bereich befinden, zu unterstützen.

Was ist Ihnen bei solchen Trainingstagen besonders wichtig?

Erst einmal fange ich, wenn es nötig ist, mit Sitzkorrektur an. Der korrekte gut ausbalancierte Sitz ist das A und O für gutes Reiten. Die korrekte Hilfengebung und das Timing sind ausschlaggebend für die Kommunikation zwischen Pferd und Reiter. Zudem ist die Basis, vor allem eine korrekte Anlehnung sehr wichtig. Bezüglich einer korrekten Anlehnung bin ich sehr pingelig. Ich möchte kein Pferd sehen, das zu eng oder gespannt ist. Die Anlehnung, d. h.  die elastische Bewegung von hinten nach vorne durch den Körper möchte ich stets verbessern. Das ist etwas absolut Grundlegendes und immer wieder ein Thema. Ich beginne immer mit der Verbesserung der Grundlagen und mache den Reiter darauf aufmerksam, was wichtig ist. Ein paar Tritte piaffieren können viele, aber korrekt eine Ecke zu durchreiten vergessen wiederum viele. Ein gut ausgebildetes Pferd/Paar unterscheidet sich von einem sehr gut ausgebildeten Pferd/Paar in Hinsicht Anlehnung, Gleichmaß, Schwingen durch den Körper, Maultätigkeit und Reinheit der Gänge, die ja international leider keine Extranote mehr hat. Dennoch ist es wichtig, dass hierauf immer wieder der Fokus gelegt wird.

Ihr nächstes Großereignis ist sicherlich das Weltcup-Finale in Riyadh. In Bezug auf Olympia haben schon etliche Top-Reiter für das Finale abgesagt, unter anderem auch Titelverteidigerin Jessica von Bredow-Werndl. Wäre es im Olympiajahr nicht besser gewesen, das Finale in Europa stattfinden zu lassen?

Da kann ich mir Gedanken drüber machen oder auch nicht, es ist jetzt einfach so. Das Finale findet in Riyadh statt und mit Sicherheit werden wir gute Paare am Start haben. Jeder Kaderreiter plant seine Saison individuell in Absprache mit uns Trainern. Die olympischen Spiele sind schon ab Ende Juli. Riesenbeck, also die letztjährige Heim-EM, war gute vier Wochen später. Das macht schon einen Unterschied. Ich freue mich auch auf das Weltcup-Finale.

Ist trotz dem Fehlen von Jessica von Bredow-Werndl die Titelverteidigung das oberste Ziel?

Ja, am liebsten. Es wäre schön, wenn sich jeder so gut wie möglich zeigt. Im Moment sieht es so aus, dass Isabell Werth, entweder mit Emilio oder Quantaz, Matthias Alexander Rath und Raphael Netz die deutschen Finalisten sein werden. Es kommen aber noch zwei Qualifikationen mit Neumünster und s´Hertogenbosch. Wenn am Ende Podestplätze oder vielleicht eine Titelverteidigung möglich wären, wäre das natürlich toll.

Wie geht es für die deutschen Reiter nach dem Weltcup-Finale weiter?

 Direkt nach dem Weltcup-Finale ist schon Hagen Horses & Dreams. Dort werden sicherlich einige Kaderpferde starten. Eine Woche später ist dann das Maimarktturnier in Mannheim und ein Nationenpreisturnier in Compiegne Frankreich. Dann kommt sehr schnell Pferd International in München, das Pfingstturnier in Wiesbaden und die offiziellen Sichtungen mit der Deutschen Meisterschaft in Balve und dem CHIO Aachen. Die Kaderpferde und Reiter müssen früh genug in Form sein. Mehrfache Belastungstests, d. h. Turniere, sind vom DOKR und DOSB vorgegeben. Es werden bei den olympischen Spielen nur 3 Reiter am Start sein plus ein Reservepaar. Deshalb sind die Fitness und die Belastbarkeit von größter Wichtigkeit.

In den letzten Wochen jagte eine schlechte Schlagzeile die nächste. Erst der Fall Helgstrand jetzt der Fall von Dr. Parra. Was sagen Sie zu diesen Fällen?

Ich habe mich schon dazu geäußert, nämlich dass wir Trainer, also Jonny Hilberath, Sebastian Heinze, Hans-Heinrich Meyer zu Strohen und Carolin Roost, diese brutale Vorgehensweise und jede nicht pferdegerechte Ausbildung verurteilen. Zudem halten wir die Maßnahmen der FN in Bezug auf die betroffenen deutschen Reiter für absolut richtig.

Glauben Sie, dass der Reitsport nach diesen Fällen vor dem Ende steht oder was gilt es nun zu tun?

Also vor dem Ende glaube ich nicht. Dafür gibt es doch sehr viele pferde- und reitbegeisterte Menschen und natürlich auch weiterhin einen Markt. Auch die Turniere, die bisher in diesem Jahr und auch über den Winter stattfanden, haben bezüglich Zuschauer und deren Begeisterung keinen Einbruch erlitten. Natürlich muss es, wenn es Übeltäter gibt, Konsequenzen geben. Da darf nichts unter den Teppich gekehrt werden.

Was wünschen Sie sich vor diesem Hintergrund für den Reitsport im Jahr 2024?

Ich denke, dass wir grundsätzlich in der Dressurreiterei auf einem guten Weg sind. Das haben wir auch im vergangenen Jahr bei der Heim-EM gesehen. Gutes, korrektes Reiten, eben auch das gute Reiten in der Prüfung wurde belohnt und wird auch weiterhin belohnt. Ich wünsche mir allerdings , dass gewisse Auffälligkeiten was unnatürliche Bewegungen sowie festgehaltene Körper und eine stramme Anlehnung betrifft, noch konsequenter bewertet werden.

Mona-Sophie Bimmel (Redaktionsleitung)

Absolventin des Master-Studiengangs Medien- und Kommunikationsmanagement, unsere Expertin für online und Social Media. Ihr Herz schlägt für Ausbildungs- und Turniersportthemen. Selbst bis zur Klasse S erfolgreich.

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