Rechtsgutachten: Impfentscheidung bei den Meisterschaften „war richtig“

Die Disqualifizierungen wegen fehlerhafter Impfass-Einträge bei den Landesmeisterschaften in Ichenheim und Meißenheim waren richtig. Zu dieser Einschätzung kommt jetzt ein Rechtsgutachten der Offenburger Anwaltskanzlei Tress-Ritter, die auf Pferderecht spezialisiert ist. Die Analyse der Vorfälle stammt von der jungen Anwältin Franziska Ritter, die selbst Springreiterin ist und Teilnehmerin der Landesmeisterschaften war. In ihrer Einschätzung der Vorgänge stärkt sie dem Turnier-Tierarzt den Rücken, beschäftigt sich aber auch kritisch mit der Rolle der Tierärzte bei nachlässig geführten Impfpässen. Unverständlich und falsch sei es indessen gewesen, dass Pferde trotz zurückgewiesenen Impfpasses in Ichenheim und Meißenheim weiter bei anderen Teilnehmerpferden untergebracht worden sind.
Aber grundsätzlich habe der Turniertierarzt beim Ausschluss der Teilnehmer richtig gehandelt, stellt Franziska Ritter dar. „Bei der Entscheidung über den Ausschluss und das Entfernen eines nicht korrekt geimpften Pferdes, handelt es sich insoweit unseres Erachtens nicht um eine Ermessensentscheidung des Tierarztes, eines Richters oder des LK-Beauftragten. Bei der Rechtsfolge der Vorschrift des Paragrafen 66 der LPO handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, so dass die Folge der Disqualifizierung und des Entfernens vom Veranstaltungsort eintreten musste.“ So heißt es klar in der juristischen Einordnung.
„An Sinn und Zweck der LPO vorbei“
Und weiter: „Fraglich bleibt jedoch in diesem Zusammenhang, wie zu rechtfertigen sein soll, dass nicht korrekt geimpfte Pferde im Stallzelt oder sogar im festen Stall verbleiben durften und dies das gesamte Wochenende.“ Dieses Vorgehen vor Ort „scheint an Sinn und Zweck der Vorschrift der LPO vorbei, wenn nicht korrekt geimpfte Pferde weiterhin im Stallzelt oder im Stall einer PLS verbleiben dürfen und so das Risiko einer Ansteckung und schnellen Verbreitung immens erhöht wird.“ Denn grundsätzlich sei davon auszugehen, dass der Zweck des Paragrafen 66 der LPO der Schutz des Pferdebestandes an einem Turnier sei.
Die Sinnhaftigkeit der Impfung und der entsprechenden LPO-Regel bezweifelt die Reiterin und Anwältin nicht. „Gerade im Falle des Equinen Herpesvirus-1 sind die Horrorszenarien der letzten Jahre weitläufig bekannt. Nur durch flächendeckende Impfungen ist es möglich gefährliche Krankheitserreger einzudämmen.“ Ihre durchaus brisante Folgerung für den konkreten Vorgang bei den Landesmeisterschaften: „Der Schutz, der eine halbjährliche Impfung mit sich bringen soll, war mithin nicht gewährleistet.“ Denn bei der Landesmeisterschaft herrschte bei beiden Veranstaltungen eine Einstallpflicht, so
dass „bis zur Equidenpass-Kontrolle bereits Kontakte mit nicht geimpften Pferden stattgefunden haben können“. Franziska Ritters Konsequenz: „Bei einer Einstall-Pflicht scheint eine Kontroll-Maßnahme nach internationalem Vorbild angemessen, da die Teilnehmer keine Wahlmöglichkeiten haben und so dem Risiko ausgesetzt sind.“
Hinsichtlich des Mehraufwandes für den Veranstalter (den die LK als Argument angeführt hatte, Anm. d. Red.), den derartige Kontrollen mit sich bringen würden, sollte im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung die Verhinderung einer Ausbreitung einer Krankheit mehr ins Gewicht fallen, als beispielsweise eine lange Wartezeit oder die Kosten des kontrollierenden Tierarztes.
„Tierarzt in der Verantwortung“
Die reitende Juristin beschäftigt sich in ihrem Schriftsatz auch mit der Verantwortlichkeit für einen zurückgewiesen Impfpass und eine auf diese Weise verhinderten Start. Franziska Ritter: „Ein Tierarzt, welcher eine nicht korrekte Impfung als korrekt betitelt, ist ebenfalls in die Verantwortung zu ziehen. Teilnehmer müssen sich auf die Fachkundigkeit des Turniertierarztes verlassen können, denn wenn schon ein Tierarzt eine korrekte Impfung verkennt, wie soll es dann einem nicht fachkundigen Teilnehmer ergehen.“
Bei den Landesmeisterschaften im Springen in Ichenheim und in der Dressur in Meißenheim im Juli waren beanstandet worden: zwei fehlerhafte Wiederholungsimpfungen gegen Influenza, neun fehlerhafte Grundimmunisierung gegen Herpes, drei fehlerhafte Wiederholungsimpfungen gegen Herpes sowie eine fehlerhafte Grundimmunisierung gegen Influenza und eine Wiederholungsimpfung gegen Herpes.
Die Entscheidung, diese Reiter zu disqualifizieren war von einigen Reitern heftig kritisiert worden, weil sie mit denselben Impfpässen auf anderen Turnieren trotz Kontrolle startberechtigt waren. Außerdem kamen die Pferde trotz der Bemängelung des Impfschutzes in den Stallzelten mit anderen in Kontakt.
Zum Rechtsgutachten von Tress-Ritter im Wortlaut: